Automatisierung durch Robotik – ein Thema, das in den letzten Jahren Einzug in alle großen Fachmessen der Industrie gehalten hat und deutlich zeigt: Der technologische Fortschritt eröffnet Unternehmen in Deutschland etliche Chancen, birgt aber auch Herausforderungen. Wo liegen die wichtigsten Trends der Robotik für die kommenden Jahre und warum braucht es starke Netzwerke, um im internationalen Wettbewerb Schritt zu halten?
Herausforderungen meistern durch Robotik
Gerade in der Automobilindustrie, die als Erfinder der automatisierten Fertigung gilt, nahmen deutsche Unternehmen viele Jahre lang eine Vorreiterrolle ein. Doch mit dem technischen Fortschritt sowie einer ständig zunehmenden Globalisierung ziehen viele Branchen nach. Im Jahr 2020 wurden schließlich erstmals mehr Roboter in der Elektronik-Industrie installiert als in der Automobilbranche. Viele Länder, gerade aus dem asiatischen Raum, haben ihren Automatisierungsgrad seitdem exponentiell erhöht – auch in der Automobilindustrie, in der sich vor allem im Bereich E-Mobilität starke Konkurrenz entwickelt. Um ihre Position angesichts dieses stetig steigenden Digitalisierungsdrucks zu verteidigen, wird es für in Deutschland ansässige Unternehmen in den kommenden Jahren umso wichtiger sein, am Puls der Zeit zu bleiben. Der Einsatz von Robotern und stärkerer Automatisierung kann Unternehmen dabei helfen, im internationalen Vergleich weiter Schritt zu halten. Die wohl größte Herausforderung dabei ist der Fachkräftemangel, der durch steigende Bedarfe zusätzlich verschärft wird. So haben bereits heute mehr als 22.000 Industriebetriebe Probleme, offene Stellen zu besetzen – speziell im Maschinen- und Fahrzeugbau sind über die Hälfte der Unternehmen betroffen (61 Prozent bzw. 65 Prozent).
Robotik der Zukunft – die wichtigsten Trends
Ein höherer Grad an Automatisierung durch Robotik hilft, bestehende Mitarbeitende effektiv zu entlasten und fehlendes Personal zu kompensieren. Insbesondere monotone, gefährliche oder „dreckige“ Arbeitsaufgaben, auf Englisch oft zusammengefasst unter den drei D‘s (dull, dangerous und dirty), können durch Roboter übernommen werden. Beispielsweise lassen sich sogenannte Cobots (kurz für collaborative robots) individuell an die Bedürfnisse der jeweiligen Unternehmen anpassen und nehmen den Arbeitskräften bestimmte Pflichten ab, sodass diese sich ganz auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren können. Das erhöht in der Folge die Produktivität und bietet Unternehmen Möglichkeiten wirtschaftlich zu wachsen.
Virtuelle Zwillinge, beispielsweise auf Dassault Systèmes‘ 3DEXPERIENCE Plattform, ermöglichen es, realitätsgetreue Simulationen durchzuführen und wahrscheinliche Ergebnisse vorherzusagen, auch von ganzen Systemen inklusive der eingesetzten Roboter. Mithilfe realer Betriebsdaten können Schwachstellen offengelegt sowie verfügbare Potenziale identifiziert werden. Außerdem lassen sich mit virtuellen Modellen Laufwege von Robotern im Rahmen der Fabrikplanung simulieren, um später reibungslose Abläufe zu garantieren.
Zusätzliches Potenzial bietet außerdem der Einsatz von künstlicher Intelligenz. So können Anwender natürliche Sprache anstelle von Code nutzen, um gewünschte Aktionen von Robotern auszuwählen und anzupassen und benötigen keine speziellen Programmierkenntnisse mehr. Zusätzlich lassen sich Leistungsdaten von Robotern durch Machine Learning akkurater einordnen, was vorrausschauende Wartungen ermöglicht und Maschinenausfallzeiten minimiert.
Wie Partnerschaften die Industrie voranbringen
Auf der diesjährigen SPS präsentiert Dassault Systèmes (Stand 108/110, Halle 6) flexible, roboterbasierte Automatisierungslösungen basierend auf Virtual Twin-Technologie. Dieses Zusammenspiel ermöglicht eine durchgängige digitale Konstruktion, die Engineering, Inbetriebnahme, Anlagenlayout, Roboterprogrammierung sowie Produktionsmanagement umfasst. Anhand von zwei gemeinsamen Showcases mit AIRSKIN von Blue Danube Robotics und RobCo erleben Messebesucher innovative Robotikanwendungen, die die Sicherheit bei der Mensch-Maschine-Interaktion verbessern sowie die Effizienz von Produktionsprozessen erhöhen.
AIRSKIN ist eine Sicherheitstechnologie von Blue Danube Robotics, die sichere kollaborative Robotik ermöglicht. Die weiche Sicherheitshaut wird in Form von luftgefüllten Pads am Roboter angebracht und erkennt mittels intelligenter Sensorik jede Art von Druckveränderung. Beispielsweise stoppt die Bewegung eines Roboterarms sofort bei Kollision mit einer Person. Schutzgitter und Absperrungen sind dabei nicht erforderlich. Unternehmen profitieren in der Anwendung somit von einer Platzersparnis, bei gleichzeitig höchster Sicherheit und effizienter Performance. Blue Danube Robotics nutzt SOLIDWORKS und die 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes für die ressourcensparende Produktentwicklung.
RobCo hat sich auf modulare Roboterkits für den industriellen Mittelstand spezialisiert. Das Münchner Start-up bietet Anwendern flexibel kombinierbare Module für eine große Applikationsvielfalt. Beispielsweise lassen sich repetitive, manuelle Aufgaben in der Fertigung, Montage und Materialhandhabung automatisieren. Die vielfältigen Individualisierungsoptionen ermöglichen zudem den Einsatz in verschiedenen Industrien, wie Automobil, Elektronik, Lebensmittel und Logistik. Mit der RobCo Studio Software lassen sich die Systeme intuitiv steuern und programmieren sowie nahtlos in bestehende Produktionsprozesse integrieren. Auch RobCo setzt auf SOLIDWORKS und die 3DEXPERIENCE Plattform.
Branchenvernetzung ebnet den Weg für Fortschritt
Mindestens genauso wichtig wie die Kollaboration verschiedener Unternehmen, ist die Zusammenarbeit und Vernetzung mit führenden Brancheninstanzen und -verbänden. Zwei der wichtigsten Vertreter sind hier die Industrial Digital Twin Association (IDTA) und der Deutsche Robotik Verband (DRV). Beide haben das Ziel, Innovation und Demokratisierung der Robotik innerhalb der Branche voranzutreiben. Der regelmäßige Austausch von Expertise und technischem Fortschritt ist essenziell, um Deutschland als Standort für Expertise im Bereich digitale Zwillinge und Robotik als solchen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Der DRV bietet seinen Mitgliedern, die Möglichkeit sich zu vernetzen sowie Ressourcen und Erfahrungen zu teilen. Gleichzeitig fungiert der Verband als Ansprechpartner für KMU und Start-Ups bei allen Fragen rund um das Thema Robotik. Das Stichwort Standardisierung spielt in diesem Zusammenhang häufig eine zentrale Rolle, denn sie geht mit der Vernetzung innerhalb der Branche einher. Genau mit diesem Thema beschäftigt sich auch die IDTA, die den digitalen Zwilling als Schlüsseltechnologie der Industrie 4.0 für alle Unternehmen öffnen will. Dafür wurde die sogenannte Asset Administration Shell (AAS) entwickelt, eine Verwaltungsschale, die Merkmale und Verhaltensweisen von Gegenständen beschreibt und deren Semantik vereinheitlicht. Dabei definieren Mitgliedsunternehmen, zu denen nun auch Dassault Systèmes zählt, standardisierte Informationsmodelle marktnah in enger Zusammenarbeit und stellen diese als Branchenstandards für die AAS zur Verfügung.
Solche Partnerschaften und Netzwerke sind ein wichtiges Element, damit Deutschland seine führende Position im Bereich Robotik in Zukunft halten kann. Gleichzeitig können Betriebe mit dem kombinierten Einsatz von Automatisierung und virtuellen Zwillingen ihre Wirtschaftlichkeit optimieren und nachhaltige sowie effiziente Produktionsprozesse fördern. Außerdem sorgen sie damit für ein hohes Maß an Flexibilität und Sicherheit. Wichtig wird vor allem sein, auf technischem Niveau international Schritt zu halten. Zu einem Gelingen dieses Vorhabens trägt insbesondere der Austausch von Daten und Informationen entscheidend bei, aber auch der Mut, in die Zukunft und Technologien zu investieren – wie die von Dassault Systèmes, AIRSKIN und RobCo.
Textquelle / Autor: Michael Mayr, Business Strategy Director Robotics and Machining bei Dassault Systèmes
Bildquelle: Aufmacher iStock – SweetBunFactory, sonstige RobCo